“Mama? Bist Du glücklich mit uns?”

Brief an meinen Sohn - warum ich ihn nicht bereue

Weißt Du, mein Schatz! Manchmal ist das Leben in vielen Bereich unheimlich schön. Nur ein winziger Teil gerät vielleicht mal aus den Fugen. Eine Momentsituation, die furchtbar anstrengend ist. Ich sehe in deinen Augen deine Bedürfnisse. Deine Freude an Spielkameraden. Du möchtest toben, laufen, rennen mit Freunden – das Leben bespielen. Dein gutes Recht. Das, was Du Verdienst. Aber ich kann es Dir nicht geben. Nicht in dem Ausmaß, wie Du es verdienst. Nebenbei muss ich mich um deine kleine Schwester kümmern. Den Haushalt. Meinen Job. Es ist schwer für mich allem gerecht zu werden. Ich sehe deine Bedürfnisse und merke, wie ich sie nicht zufriedenstellend erfüllen kann. DAS macht mich traurig. Ich würde sooo unheimlich gerne mehr tun. Für dich. Das ganze System. Doch dabei stoße ich immer und immer wieder so hart an meine Grenzen, dass es wehtut. Doch ich möchte unbedingt, dass DU weißt, dass ich nicht unglücklich bin.

Liebster Sohn, ein Brief an Dich

Es gibt, neben all dem, was momentan einfach nun mal anstrengend ist, so viele Momente, die unfassbar schön sind. Unsere kleine Reise nach Efteling. Mensch, was war das ein schönes Wochenende. Erinnerst DU dich noch daran? An die wilde Fahrt? Die hübschen Blumen? Die Zeit, die wir füreinander hatten? Aber auch in unserem Alltag gibt es unendlich viele Momente in denen plötzlich alles perfekt ist. Jeden Abend, an dem ich dich ins Bett bringen darf. Dir vorlese, dir sanft durch deine Haare streiche. Dir ein letztes Mal für diesen Tag sagen kann “Wie lieb ich dich habe“. Ein Highlight, das ich jeden Abend, wie die Luft zum Atmen inhaliere. Diese Momente lassen mich leben. Sie machen mich unbeschreiblich glücklich. Obwohl ich eine kleine Künstlerin der Worte bin, ist es mir nicht möglich zu beschreiben, wie glücklich Du mich machst.

Mama bist Du glücklich?

Du bist mein Sohn, mein Kind. Mein Ein und alles. Es gibt in meinem Leben nichts vergleichbares. Habe ich mich im Leben verloren, schaue ich in deine Augen – finde ich mich wieder. Erkenne meine Aufgabe. So wie es zurzeit ist, hat nichts mit Dir zu tun. Du bist nur ein Mensch, der mir unheimlich nah steht. Jedes noch so Gute, aber auch schlechte Gefühl in mir weckt. Ein Mensch, für den ich es gerne besser machen würde. Weißt Du, liebster Sohn, manchmal bin ich einfach etwas traurig, wie unsere Betreuungssituation sich ergeben hat. Dieser Umstand macht mich unglücklich. Das stimmt. Denn es hätte besser laufen können. Diese Situationen gibt es im Leben. Momente, die dich traurig machen. Dir den Boden unter den Füßen weg reißen. Von Dir alles abverlangen. Aber weißt Du was? Ich wünsche mir so sehr, dass ich Dir eins mit auf den Weg geben kann! Mal nicht perfekt zu sein, ist keine Schande. Über seine Gefühle. Seine Trauer. Seine Kraftlosigkeit zu sprechen ist keine Schande. In einem Bereich seines Lebens unglücklich zu sein, bedeutet nicht – alles infrage zu stellen.

 

Ja, manchmal treibst Du mich in den Wahnsinn.

Das weißt Du. Manchmal testet Du gerne aus, wie weit Du gehen kannst. Es ist okay, aber ich reagiere. Bin nur ein Mensch mit Gefühlen, der aufsteht und sich jeden Tag für Euch, meine Kinder nur das Beste wünscht. In manchen Situationen ist es eben zu viel mich nur zu ärgern. Zu hauen, oder der kleinen Schwester zu zeigen, welche große Veränderung sie für dich darstellt. Am Ende eines Tages ist auch das okay. Auch Du bist nur ein Mensch mit Gefühlen. Solange wir darüber sprechen ist alles gut. Solange Du weißt, dass keine Minute vergeht in der ich nicht für Dich mein letztes Hemd geben würde hat alles seine Ordnung.

Um auf deine Frage zurückzukommen. JA, ich bin glücklich! Ich könnte glücklicher nicht sein. Ihr gebt mir jeden Tag so viel zurück. Suchte ich vor drei Jahren noch nach einer Aufgabe, die mich durch und durch erfüllt. Habe ich endlich meinen Platz im Leben gefunden. Einen Ort mit Höhen und Tiefen. Liebe und Hass. Einen Ort, der schöner nicht sein könnte. Weißt Du, mein Sohn, du hast mir mein zu Hause gezeigt. Jeden Tag nimmst Du mich an deine kleine Hand. Führst mich nach Hause. An einen Ort an dem Kinderlachen Türen öffnet. Einen Ort an dem die Welt, wenn wir zusammen sind, perfekt ist. Könnte es etwas Schöneres im Leben geben, als endlich zu wissen, wo man im Leben seinen Platz hat? Manchmal ist das Leben schwierig. Aber eins musst Du wissen. Es gab in meinem Leben nie eine einzige Sekunde in der ich es bereut habe, Mutter geworden zu sein. Es wird stets das Beste sein – Du wirst stets das Beste sein, was mir das Leben bereit war zu schenken.

 

Mein Sohn,

Lebe, wann immer Dir das Leben, die Chance dazu gibt.

Sei traurig, wann immer Dir danach ist.

Verzweifelt, wenn Du meinst es geht nicht weiter.

Sprich, wenn dein Herz sprechen will.

Geh, wenn es deine Füße zulassen.

Lauf, wenn Du weg willst.

Kehr zurück, wenn Du die Kraft hast.

Wage Neuanfänge.

Habe Mut, anders zu sein.

Vergiss nie – das Gute wird Dich auf deinem Weg

immer begleiten.

Lerne nur dannach zu greifen,

wenn Du den Mut dazu hast

zu leben!

 

In liebe,

deine Dich für immer

über alles liebende Mutter

 

 

 

 

 

Ein Brief an meinen Sohn über die Frage: Mama bist Du glücklich?

Tags: Brief an Sohn, Mama Blog, Mutter, Mutter und Sohn, Mutterschaft

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Ich bin 34 Jahre jung. Mama von zwei Kindern. Einem Sohn (01/14) und einer kleinen Tochter (08/16). Gemeinsam leben wir am Stadtrand von Köln. Streifen durch die Wälder, kochen, backen und tanzen zusammen. Meinen Blog gründete ich an einem kühlen Februarmorgen im Jahr 2014, als ich nach der Geburt meines ersten Kindes wieder einmal dachte: "So wir mir, geht es sicherlich vielen anderen Eltern da draußen, wieso spricht denn keiner darüber?" In diesem Augenblick traf ich den Entschluss und offenbahrte meinem Partner: "Liebling? Ich blogge - jetzt!" und das war die Geburtsstunde meines Mamablogs. Schön, dass Du den Weg zu mir gefunden hast!
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Comments

  1. Antworten

    Wunderschön geschrieben! Ich glaube du sprichst hier für viele Mamas.
    Mein Söhnchen ist 1,5 Jahre alt, ich gehe arbeiten (mein Mann und ich sind in Teilzeit – er 30, ich 35 Stunden). Wir teilen uns die Betreuung, da wir ihn jetzt noch nicht in fremde Hände geben wollen. Arbeiten müssen wir aber trotzdem beide. Manchmal schwanke ich zwischen genervt / ausgelaugt sein und Wut auf mich selbst, dass ich nicht voll für ihn da bin. Manchmal schäme ich mich insgeheim, dass ich nicht geduldiger bin in manchen Situationen und genervt reagiere. Dabei kann er nix dafür, wir Erwachsenen haben es uns so ausgesucht, nicht er.
    Ich liebe mein Bärchen über alles und trotz der ganzen Hektik in unserem Alltag bin ich unendlich dankbar und glücklich, dass ich ihn habe.

    • Ina
    • 19. Mai 2017
    Antworten

    Das ist so schön was du geschrieben hast das geht mir so nah. Ich habe auch einen Sohn er ist jetzt fünf er war fast vier wo seine Schwester gekommen ist ich hatte immer so ein schlechtes Gefühl das ich ihn vernachlässigt habe …es tut einwenig im Herzen weh aber ich zeige ihm jeden Tag wie sehr ich ihn liebe und das er das größte Glück für mich ist…deine Worte sind so wahr. …richtig schön

    1. So wie Du das schreibst, glaube ich, er spürt deine Liebe ganz tief!

    • Ania
    • 14. Mai 2017
    Antworten

    Hey, der Brief hat mich sehr bewegt. Ich kann das so gut nachvollziehen und empfinden. Mein Sohn ist die Luft, die ich zum atmen brauche. Lg

    1. Das hast Du schön gesagt!

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